Bei Eurotrash scheint es sich um ein Buch zu handeln, dass man entweder liebt oder hasst, zumindest ist bei mir dieser Eindruck entstanden, als ich mit anderen über das Buch diskutiert habe. Um
es vorneweg zu nehmen: Ich bin ein Fan!
Christian Krachts Roman-Ego macht sich erneut auf eine Reise, dieses Mal an der Seite seiner alt gewordenen Mutter. Mit viel Widerwille trifft er bei ihr zu Hause ein, bei dieser alten, ihm
unendlich fremden und eher unsympathischen Frau, der er sein leben verdankt und bei der er eigentlich Nähe sucht. Die beiden setzen sich mit einer Plastiktüte voller Bargeld in ein Taxi und
fahren los. An und für sich mit einem unbekannten Plan, doch schlussendlich mit einem trostlosen Ziel. Sie passieren Erinnerungsorte und werden in ihrer Planlosigkeit geführt von scheinbar
spontanen Entscheiden.
Christian Krachts Erzählen spricht mich an. Er nimmt mich mit auf die Reise, lässt mich teilnehmen, ohne dass ich mich gegängelt fühle. Er lässt mich „seine“ Familiengeschichte lesen, seine
Familie kennenlernen, die so scheint‘s unglaublich wichtig ist und beinahe alle historischen Ereignisse der letzten fast hundert Jahre bewusst miterlebt und -gestaltet hat, nicht immer auf der
guten Seite.
Eurotrash ist gespickt mit Verweisen auf Faserland, wobei ich nur noch diffuse Erinnerungen an das Werk hatte, um dann mit Schrecken festzustellen, dass es eben doch schon ein Vierteljahrhundert
her ist, als ich es gelesen habe. Krachts und mein Leben sind weitergegangen. Wir passen immer noch zusammen.
Eurotrash, Christian Kracht
224 Seiten
erschienen im März 2021 bei Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-05083-7
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