Ich habe Terror vor einigen Jahren bereits einmal gelesen und habe es gerade wieder verschlungen. Die Lesezeit ist kurz, das Lesevergnügen und die Spannung bleibt gross.
Ein Gerichtssaal, ein Angeklagter, ein Verteidiger, eine Staatsanwältin, zwei Zeugen, ein Vorsitzender, Laienrichter und das Publikum, mit diesen Protagonisten kommt Terror aus. Wobei das Publikum und die Laienrichter nicht direkt im Buch vorkommen, diese Rollen nimmt der Leser ein.
Der Angeklagte, Lars Koch, hat Menschen getötet - 164 Menschen, um genau zu sein. Dieser Tatsache sind sich alle einig, der Angeklagte ist in diesem Punkt voll geständig. Trotzdem braucht es ein Verfahren, denn es gilt die Schuld des Angeklagten genauer zu untersuchen.
Lars Koch hat in seiner Funktion als Kampfpilot der deutschen Luftwaffe gehandelt: Die 164 Menschen sassen in einem Flugzeug, das entführt wurde und dessen vom Entführer bestimmtes Ziel ein mit 70000 Menschen besetztes Fussballstadion ist. Der Kampfpilot hat die klare Anweisung erhalten, das Flugzeug nicht zu beschiessen, er hat sich diesem Befehl widersetzt.
Hat er richtig gehandelt? Hat seine Entscheidung, die Leben der Flugzeugpassagiere zu opfern, um die Leben der Fussballspielbesucher zu retten eine Berechtigung? Können die Leben weniger geopfert werden, um die Leben vieler zu retten? Wie ist die korrekte Abwägung, wenn sich Menschenleben gegenüberstehen? Und wie muss damit umgegangen werden, wenn die eigenen Werte, die Werte einer Gesellschaft von anderen grundsätzlich angegriffen werden?
Diese Ausgabe von Terror wurde ergänzt mit der Rede von Ferdinand von Schirach zur Verleihung des M100-Sanssouci Medien Preises an Charlie Hebdo. Terror stellt die Frage, zu welchen Opfern man bereit sein muss, um die Freiheit und eigenen Werte zu schützen.
Die Gerichtsverhandlung endet so, wie der Leser es möchte. In der Manier eines choose-your-own-adventure, liest der Leser die von ihm gewünschte Urteilsverkündung - und dann vermutlich auch das entgegengesetzte Urteil.
Terror ist ein wunderbares Buch, um seine Überzeugungen zu hinterfragen und dafür, eine Diskussion anzuregen. Denn die Frage bleibt: Wie würdest du entscheiden?
Terror - Ein Theaterstück und eine Rede, Ferdinand von Schirach
176 Seiten
erschienen im 2016 bei btb (Randomhouse)
ISNB: 978-3-442-71496-4