Monika Helfer erzählt die Geschichte der schönsten Frau weit und breit, die Geschichte, deren Konsequenz sie selbst ist, die Geschichte ihrer Grossmutter.
Die Bagage - so wird die Familie genannt - lebt am Ende eines Dorfes und während der Josef in den Krieg ziehen muss, lässt er seine Frau Maria und die Kinder in der Obhut des umtriebigen
Bürgermeisters. Aus dem Krieg zurückgekehrt ignoriert er sein jüngstes Kind.
Beim Lesen entstand der Eindruck, Monika Helfer sitze mir gegenüber und erzähle die Geschichte, es entsteht ein Gefühl der mündlichen Erzählung. Sie springt in der Zeit und verwickelt die
Zeitstufen raffiniert, so dass die einstmals Beteiligten ihre Stimme im Heute hören lassen, so wie sie als Erwachsene das als Kind Erlebte wiedergeben.
Die Kargheit, die Armut und die Abhängigkeiten werden teils nur angedeutet, genau so, wie dies in Familien häufig der Fall ist.
Die Sprache, die Helfer verwendet, erscheint vertraulich, sie ist gefärbt vom Lokalen, was wiederum den vertrauten Eindruck verstärkt. Trotz der teils beinah umgangssprachlich anmutenden
Sprachverwendung bleibt die Sprache literarisch. Die sprachlichen Stilmittel wurden meines Erachtens sehr gekonnt eingesetzt.
Ein Buch wie eine vertrauliche Schilderung, ein Einblick in die Geschichte einer Freundin.
Die Bagage, Monika Helfer
160 Seiten
erschienen im Februar 2020 beim Hanserverlag
ISBN: 978-3-446-26562-2
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